Eingewöhnung
Der Eintritt des Kindes in das Kindernest ist für viele Eltern und Kinder die erstmalige Lockerung ihrer Beziehung. Der Übergang aus der Familie in eine neue Betreuungssituation stellt für das Kind eine große Herausforderung dar. Es muss sich an eine neue Umgebung gewöhnen und Beziehungen zu fremden Personen aufbauen. Das Kind erlebt einen neuen Tagesablauf und eine täglich mehrstündige Trennung von den Eltern.
Nur auf der Grundlage einer vertrauensvollen Beziehung zu den Betreuerinnen findet das Kind die sichere Basis, die es für sein Lernen und Wohlbefinden im Kindernest braucht. Um das Kind in dieser schwierigen Situation nicht zu überfordern, sollten sich die Eltern Zeit für die Eingewöhnung lassen.
Die Eingewöhnungsphase bedeutet die bewusste Gestaltung des Übergangs
Unsere Eingewöhnung verläuft nach dem Berliner Modell folgendermaßen: Hier wird Schritt für Schritt versucht, das Kind an die neue Situation und vor allem zunächst an eine neue Bezugsperson zu gewöhnen. Man spricht auch von einer gestaffelten Eingewöhnung. Der erste Kontakt zwischen Kindernest und Eltern ist dabei das Eingewöhnungsgespräch am ersten Tag. Hier steht das Kind mit seinen Bedürfnissen im Vordergrund: Wir versuchen, so viel wie möglich über das Kind und seine Interessen, Vorlieben und Gewohnheiten zu erfahren. Dabei ist es für die Eingewöhnung umso besser, je mehr wir von dem Kind wissen.
Am dritten oder vierten Tag versuchen wir, das Kind das erste Mal von seinem Elternteil zu trennen. Ganz wichtig dabei ist, dass sich die Eltern direkt bei ihrem Kind verabschieden - auch wenn die erste Trennung meistens nur ein eine halbe Stunde dauert. Viele würden sich gerne in einem unbemerkten Moment davon schleichen - und damit selbst den Abschied umgehen. Aber für das Kind ist es wichtig zu sagen: "Ich gehe jetzt und hole dich später ab!". Außerdem sollten die Eltern mit ihrem Kind das Kindernest direkt verlassen, wenn sie es nach der Trennung wiedersehen. Somit versteht das Kind, dass das Erscheinen des Elternteils bedeutet, dass es jetzt abgeholt und nach Hause gebracht wird. Klappt das gut, wird der Trennungszeitraum immer etwas verlängert. Die Reaktion des Kindes ist dabei maßgebend für den weiteren Verlauf der Eingewöhnung: Wenn das Kind so viel Vertrauen zu seiner Betreuungsperson in der Gruppe gefasst hat, dass es sich von ihr trösten lässt, kann man die Trennungszeit weiter ausdehnen. Dann kann Mama oder Papa auch mal für eine Stunde weg bleiben. Die Betreuungszeit wird, wenn es gut klappt, immer weiter verlängert.
In der Stabilisierungsphase versucht die Betreuungsperson immer mehr, die Fürsorge für das Kind zu übernehmen: Füttern, Wickeln und Spielen. Auch wenn sich das Kind gut von der Mutter trennen kann, sollte sie erreichbar sein, um im Notfall dazu geholt werden zu können. Am Ende der Eingewöhnung ist dies nicht mehr nötig.
Eltern sollten sich auf jeden Fall 2 bis 3 Wochen Zeit nehmen, um ihr Kind während der Eingewöhnung zu begleiten. Kleinkinder nehmen Veränderungen nur langsam an: Die Eingewöhnung im Kindernest ist ein riesiger Schritt für sie.
Das größte Problem für die Eltern ist die Trennung an der Tür. Wie schafft man es am besten, dass keine Tränen fließen?
Wir legen es gar nicht darauf an, dass die Kinder nicht weinen. Sie sind noch klein und können sich nicht anders ausdrücken. Wenn der Elternteil geht, reagieren viele Kinder mit Tränen, weil das für sie ungewohnt ist. Weinen bedeutet nichts anderes als "Ich mag das nicht!". Vielen Eltern blutet das Herz, wenn ihre Kinder anfangen zu weinen. Doch Tränen bedeuten nicht, dass eine Eingewöhnung nicht erfolgreich war. Wenn ein Kind gegen den Abschied vom Elternteil protestiert - egal ob mit Tränen oder ohne - ist das vollkommen in Ordnung, denn es zeigt Bindungsverhalten. Das Vertrauen zur Betreuerin sollte jedoch so groß sein, dass sich das Kind von ihr danach trösten lässt und das Spielangebot in der Gruppe annehmen kann.
Wichtige Eckpfeiler der Eingewöhnungsphase sind die Teilnahme am gemeinsamen Frühstück, das erste Wickeln, die Freispielzeit mit gelenkter Beschäftigung, das Mittagessen sowie der Mittagsschlaf. Bei der Eingewöhnung richten wir uns nach den individuellen Bedürfnissen des Kindes.
Die Eltern können jederzeit mit uns über Ängste, Sorgen oder die momentane Situation des Kindes sprechen. Gegenseitige Offenheit und Vertrauen sind die Basis für eine gute
Zusammenarbeit.